Mädchen und Frauen in Indien
"Der Grund allen Übels"
-  Aussage eines indischen Mannes

 

Die Mädchen und Frauen in Indien stehen einer weltweit beispiellosen Diskriminierung gegenüber. Vornehmlich in ländlichen Regionen.

Erst die Geburt eines männlichen Nachkommens hebt das Ansehen der Frau und festigt ihre Stellung in der Familie. Der Mann ist mit der Geburt eines Stammhalters stolz und erleichtert: Ein Sohn sichert nicht nur den Fortbestand der Familie, sondern auch die Versorgung im Alter und vor allem die Erfüllung der Totenriten der Hindus, die die Befreiung der Seele gewährleistet. Die Zeremonien, für die der älteste Sohn verantwortlich ist, beginnen mit der Verbrennung des Leichnams und setzen sich mit verschiedenen Riten in verschiedenen Tempeln und Orten über etwa ein Jahr fort. Ein Mädchen darf diese Riten nicht ausführen.

Die Töchter nabeln sich mit der Heirat von den Eltern ab und gehen in den Aufgaben der Familie des Ehemannes auf. Ihre Mitgift belastet die Haushaltskasse. Mehrere Töchter bedeuten daher eine Katastrophe, der man mit einer Geschlechtsbestimmung des Fötus und der Abtreibung der Mädchen rechtzeitig Einhalt zu gebieten versucht.

Inderinnen sind in hohem Maße unterdrückt und diskriminiert: Mitgiftmorde, Tötung weiblicher Babies, Abtreibung weiblicher Föten und grausame Unfälle von Frauen gehören in Indien zur Tagesordnung.

Frauen werden in Indien als Ursache allen Übels auf der Welt betrachtet.

Wird ein weibliches indisches Kind geboren, dann besteht kein Grund zur Freude. Es ist erwiesen, dass Mädchen eine höhere Sterblichkeit aufweisen, weil sie weniger und qualitativ schlechtere Nahrung erhalten als ihre Brüder. Mädchen werden seltener, wenn überhaupt medizinisch versorgt und als billige Haushaltshilfen benutzt, statt die Schule zu besuchen.

Nicht selten werden Mädchen sexuell mißbraucht und seelisch mißhandelt. Diese Abscheulichkeiten geschehen lediglich aufgrund der Tatsache, dass diese Kinder weiblich sind. Die vergleichsweise hohe Müttersterblichkeit (mehr als 150.000 Frauen sterben jährlich bei der Geburt) ist eine Folge der oft dicht aufeinanderfolgenden und viel zu frühen Geburten. Die Ehe auf dem Land wird durchschnittlich in einem Alter von 15 Jahren vollzogen.

Das Heiraten in Indien hat eine traditionelle und kommerzielle Seite. Besonders die Mitgift der Frau ist zu einer wirtschaftlichen Transaktion zwischen den beteiligten Familien geworden. Da es Frauen nicht gestattet ist, unter Stand zu heiraten, müssen sie sich bei einer „höheren“ Familie mit Geschenken an den Bräutigam, dessen Eltern und andere Familienmitglieder „einkaufen“. Dabei übersteigen die Geschenke das Jahreseinkommen der Brautfamilie oftmals. Häufig werden die Ehefrauen nach ihrer Hochzeit zu Nachzahlungen ihrer Mitgift angehalten. Kann nichts mehr gezahlt werden, geschehen „Unfälle am Herd“ sprich: Frauen verbrennen beim Kochen. Die Schätzungen der sogenannten „Mitgiftmorde“ belaufen sich auf bis zu 15 Frauen am Tag. Jährlich werden bis zu 5.000 Frauen wegen der Mitgift umgebracht (Jahresbericht der vereinten Nationen). Die Täter werden meistens nicht zur Rechenschaft gezogen. Obwohl die Mitgift mittlerweile gesetzlich verboten ist, wird dieses Verfahren täglich praktiziert.

Nach der überlieferten Sitte hat eine Witwe in Indien keine eigene soziale Existenz, sondern soll als „mustergültige Gattin“ ihrem verstorbenen Ehemann in den Tod folgen. Geschah dies nicht freiwillig, folgte die Witwenverbrennung. Witwen aus höheren Kasten, die dem Schicksal des Verbrennens entgehen konnten, wurden gesellschaftlich geächtet. Sie durften nicht wieder heiraten und mussten asketisch leben. Obwohl die Witwenverbrennungen seit Anfang des 19. Jahrhunderts verboten sind, finden sie von Zeit zu Zeit immer wieder statt. Verbrennungen, das erinnert uns an das Mittelalter, in dem Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. In der europäischen und aufgeklärten Welt ein Mythos aus vergangenen Tagen – in Ostindien als Hexenaberglauben immer noch verbreitet. Als Hexen bezeichnete Frauen müssen sterben: sie werden erschlagen, gesteinigt oder ertränkt. Manchmal von ihren engsten Angehörigen. Im Mai 1997 kam es im ostindischen Bundesstaat Bihar zu einem grausamen Blutbad: ein Mann erschlug mit einer Axt seine Schwester, deren Mann und drei Kinder. Er unterlag dem Wahn, dass sein Sohn, der von einer Schlange gebissen worden war und daran starb, das Opfer der Hexerei seiner Schwester gewesen sei. Hexen sind immer weiblich und werden für Krankheiten, Tod oder Familienstreitigkeiten verantwortlich gemacht.

Das Leben eines Mädchen oder einer Frau bedeutet in Indien nichts, sie ist das ärgste Elend der Familie und hat demnach auch keine Rechte.

 

Zur Verdeutlichung der Grausamkeiten gegen Frauen in Indien möchten wir hier ein paar Daten aufführen, die für sich sprechen werden:

 

Unkommentiert

 

Jährlich

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-

 

werden in Indien zwischen drei und fünf Millionen weibliche Föten abgetrieben

mehr als 10.000 Mädchen bei ihrer Geburt getötet

werden Mädchen durch vorsätzliche Benachteiligung wie unzureichendes Stillen, Vorenthaltung der Nahrung und mangelnde Gesundheitsfürsorge getötet

tragen Mädchen zwischen 6 und 11 Jahren 30% der Arbeitslast

werden 39% der Mädchen im Alter von 15 Jahren verheiratet und den Risiken einer Geburt ausgesetzt, obwohl sie selbst noch nicht ausgereift sind


In den letzten Jahrzehnten sind 50 Millionen Frauen aus der indischen Bevölkerung einfach „verschwunden“...

 

In die Zukunft der Mädchen wird nicht oder kaum investiert. Mancherorts werden Mädchen Göttern geweiht und zur Tempelprostitution gezwungen. Entgegen der biologischen Norm besteht in weiten Teilen des Landes Indiens ein Frauendefizit.

 

Un

 

glaublich

beschreiblich

begreiflich

 

Sie schütteln sicher den Kopf und glauben das oben berichtete kaum. Das taten wir zunächst auch, aber wir haben uns dazu entschlossen zu nicken, das bedeutet: wir sagen „ja“ zu dem Versuch, etwas gegen diese Despotismen zu unternehmen, in dem wir Mädchen helfen, sich irgendwann selbst zu helfen. Das heisst, dass wir ihnen eine Möglichkeit geben, alleine leben zu können und existenzfähig zu sein. Wir möchten ihnen das Grundrecht jedes Menschen schenken, ein Leben in Würde zu (er)leben.

Wir könnten noch viele Seiten mit Greuel und Ungerechtigkeiten gegenüber Mädchen und Frauen in Indien füllen und damit ein Szenario des Schreckens verbreiten.

Doch was nützt das?

Deshalb möchten wir an dieser Stelle das unmenschliche Kapitel schließen und ein neues beginnen. Eines, in dem Hoffnung und Menschlichkeit die Hauptrolle tragen und aus dem vielleicht ein Märchen hervorgeht.

Ein Märchen, ein Traum von einer besseren Welt für diese Mädchen und Frauen. Eine Welt, die zumindest von den äußeren Rahmenbedingungen der gleicht, in der wir leben und von der auch diese Mädchen ein Teil sind, den sie jedoch nie gesehen haben.

Träumen, das ist das Recht eines jeden Menschen. Doch können diese Mädchen diesen Traum noch nicht einmal träumen, da sie gar nicht wissen, dass es eine andere Welt da draußen gibt. Wir wollen diesen Mädchen helfen, überhaupt träumen zu können und diesen Traum dann zu erleben. Begleiten Sie uns weiter auf unserer Traumreise und helfen Sie uns, das Kapitel des bösen Märchens zu schließen und ein neues Buch zu schreiben, das vielleicht den Titel trägt:

 

Traumtänzer sein

                                       ...und damit den Kindern dieser Welt helfen, ihren Traum zu leben.